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Vom Waldsterben zur Klimakatastrophe - Soziale Fragen und kritische Fragen zur Nachhaltigkeitsdebatte

Freitag, 18.06.
11.15 - 13.15
Block: Sozial
Sektion: Theorie und Diskurs

Karin Cudak, Klaus Remmel und Sven Quilitzsch, Universität Köln

Abstract

Das forstwirtschaftliche Nachhaltigkeitsdenken hat seine Wurzeln bereits im 16. Jahrhundert, als die starke Holz/über/nutzung den europäischen Baumbestand ernsthaft gefährdete. Bis heute hallt der Schutzgedanke des Waldes nach – in der BRD jährlich, wenn die Waldzustandsberichte veröffentlicht werden. In den 1980er Jahren verkündete man in Europa – besonders panisch in der BRD - das unvermeidliche und flächendeckende „Waldsterben“. Der Spiegel sprach in diesem Zusammenhang sogar vom „ökologischen Holocaust“ (Spiegel 1983) und setzt ein ökologisches Problem, das nicht-intentional durch den Menschen ausgelöst wird, mit dem singulären, massen-industriell und systematischen Völkermord an Jüdinnen, Juden, Sinti und Roma und anderen marginalisierten Bevölkerungsgruppen im nationalsozialistischen Deutschland gleich. Die Debatte um „le waldsterben“, wie die französische Presse schrieb, wird heute abgelöst durch die Panik vor der „globalen Klimakatastrophe“. Dabei wird zum Teil unter dem Deckmantel von Umwelt- und Naturschutz vom Menschen als „dem größten Parasiten der Erde“ gesprochen, AIDS als Lösung für die „globale Bevölkerungsexplosion“ betrachtet (Earth First), oder gar – im Rahmen des Veganismusdiskurses - die Forderung nach Tierrechten (Tierrechtsbewegung) erhoben. An dieser Stelle verschwimmen die Grenzen zwischen emanzipatorischen, kritischen Bewegungen und menschenverachtenden Positionen. In unserem Vortrag wollen wir Struktur in einen Teil der Landschaft des Nachhaltigkeitsdiskurses bringen, indem wir Organisationen, Bewegungen und ihren Argumentationssträngen kritisch auf den Grund gehen. Welche umwelthistorischen Lehren lassen sich für heute aus der Waldsterbensdebatte in Bezug auf die sog. „Klimakatastrophe“ ziehen? In wie weit wird Nachhaltigkeit sozial und global gedacht? Und: Ist Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsdenken überhaupt mit der neuen freien Markwirtschaft und ökonomischem Wachstum vereinbar? Dies sind Fragen, die uns beschäftigen, die wir in unserem Vortrag beantworten und/oder diskutieren möchten.